Erklärung von Memorial International
In der Nacht vom 27. Auf den 28. Februar 2015 wurde im Moskauer Stadtzentrum, nur 100 Meter vom Kreml, Boris Nemzow erschossen. Das war ein politischer Mord.
In den vergangenen Monaten und Jahren haben die Staatsmacht in Russland und die ihr dienenden Massenmedien eine Atmosphäre des Hasses jeder Form des Andersdenkens gegenüber geschaffen. Die staatliche Propaganda „beleuchtet“ nicht nur, einem Projektor ähnlich, Zielscheiben für Mörder, sie verschafft ihnen auch den Eindruck, ungestraft handeln zu können. Oppositionelle und einfach unabhängige gesellschaftliche und politische Aktivisten werden feindliche Agenten genannt und damit im Grunde zu „erlaubten Zielen“ erklärt. Der Fernsehkanal NTW hat angekündigt, am 1. März den nächsten Film der Serie „Anatomie des Protests“ zu zeigen, in der Boris Nemzow die Rolle eines der „Hauptfeinde“ zugewiesen wird. Doch bei Propaganda wird längst nicht mehr halt gemacht: unter Anleitung der Staatsmacht wurde der „Antimaidan“ geschaffen – eine Sturmabteilung, die offen und jenseits des Gesetzes die gewaltsame Niederschlagung der Opposition fordert. Diese Kräfte haben enge Verbindungen zu den „Milizen“, die im Osten der Ukraine kämpfen, von wo Menschen mit der Erfahrung direkter und unbestrafter bewaffneter Gewalt nach Russland zurückkehren. Heute wissen wir die Namen der Ausführenden, der Organisatoren und der Auftraggeber des Verbrechens noch nicht. Aber wir können bestimmt feststellen, dass die russische Staatsmacht die Voraussetzung für den Mord an Boris Nemzow geschaffen hat.