Ex-JuKOS-Eigner Platon Lebedew bekommt keine Bewährung – öffentliche Empörungen

Wie zu erwarten
war, hat das zuständige Gericht in Welsk dem früheren JuKOS-Eigner Platon
Lebedew die ihm rechtliche Freilassung auf Bewährung versagt. Wie schon bei der
zweiten Verurteilung (gemeinsam mit Michail Chodorkowskij) Ende vorigen
Dezembers ist die (auch öffentliche) Empörung groß. Dabei sind es diesmal nicht
nur die „üblichen Verdächtigen“ wie die Mitglieder des präsidialen
Zivilgesellschaftsrat, die insbesondere die Urteilsbegründung als offenen Hohn
ansehen (weiter unten eine am Donnerstag verfasste Erklärung des Rates dazu).
 

Mit der
stellvertretenden Dumavorsitzenden Ljubow Sliska, kritisiert auch erstmals eine
hochgestellte Politikerin der Kremlpartei Einiges Russland diesen demonstrativ
offenen Fall von Rechtsbeugung. Die auflagenstärkste russische Tageszeitung
Moskowskij Komsomolez machte am Freitag mit Sliskas Kritik auf
: „Das, was in
den vergangenen zwei Tagen in diesem Gericht vor sich ging, zeugt anschaulich
von der Zerstörung unseres Rechtschutzsystems. Anders kann ich dieses Spektakel
nicht bezeichnen.“
 

Die
stellvertretende Parlamentsvorsitzende stört vor allem die magere Begründung
der Gerichtsentscheidung. Das Gericht hatte sich die Argumente der Gefängnisverwaltung
zu Eigen gemacht, der Gefangene habe noch nicht „den Weg der Besserung
betreten“. Begründet wurde diese Beurteilung damit, dass Lebedev seine
Gefängnishose abhanden gekommen sei, er unerlaubter Weise auf dem Bett liegend
geraucht und einen Aufseher mit „Du“ angesprochen habe.   
 

Die Parteileitung
von Einiges Russland beeilte sich augenblicklich zu erklären, sie werde das
Urteil nicht kommentieren und Ljubow Sliskas Aussagen seien ihre persönliche
Meinung. In der russischen Presse wurde zudem kolportiert, die Kritik sei aus
dem Ärger Sliskas gewachsen, dass sie zu den kommenden Wahlen von Einiges
Russland nicht mehr als Kandidatin aufgestellt werden soll.
 

Der breite
öffentliche und auch breit veröffentlichte Unmut über die
Bewährungsverweigerung für Platon Lebedew fügt sich in zunehmend offene Kritik
an der politischen Führung in den vergangenen Monaten insgesamt. Ob damit aber
auch politische Änderungen verbunden sind oder sein werden, ist in der
Opposition umstritten. 
 

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Erklärung des
„Rates für die Entwicklung von Zivilgesellschaft und Menschenrechte beim
Präsidenten“:

 

„Der Rat beim
Präsidenten der RF für die Entwicklung von Zivilgesellschaft und Menschenrechte
ist der Meinung, dass das am 27. Juli 2011 ergangene Urteil des Gerichts über
die Ablehnung einer Freilassung auf Bewährung von Platon Lebedew ein Akt der
Willkür ist. Die Urteilsbegründung ist nicht nur lachhaft, sondern direkt verhöhnend.
 

Dieses für die Recht
schützenden Organe und für die Gerichte schändliche Urteil unterstreicht die
wirklichen Tendenzen der Rechtspraxis, die sich in einer für eine demokratische
Gesellschaft unzulässigen massenhaften Verhöhnung von Menschen, die wegen
ökonomischer Verbrechen, also nicht Gewaltverbrechen verurteilt worden sind. Auf
diese Situation muss direkt reagiert werden. Der erste notwendige Schritt muss
eine Amnestie für alle Wirtschaftsverbrechen sein.“ 


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