Das Dreiecksverhältnis EU/Westen, Russland und gemeinsame Nachbarschaft (Ukraine, Belarus, Moldawien, Georgien, Armenien, Aserbeidschan, kürzlich von der EU in einer sogenannten Eastern Partnership, kurz EaP, zusammengefasst) ist im Osten des Kontinents wohl auf absehbare Zeit Spannungsfaktor Nummer eins. Die EU wirkt mit dem Versprechen auf engere Zusammenarbeit anziehend auf dieses neue „Zwischeneuropa“, Russland beansprucht die ehemaligen Sowjetrepubliken aus „Sicherheitsgründen“ als „bevorzugte Einflusszone“, und die Eliten der sechs EaP-Länder, alle mit enormen politischen und wirtschaftlichen inneren Problemen, versuchen aus dieser gewollt-ungewollten Konfrontation das Meiste für sich heraus zu holen. Ein heißes Pflaster. Da kann es kaum schaden, so oft wie möglich und an so vielen Plätzen wie möglich miteinander zu reden.
Auch die Heinrich Böll Stiftung organisiert, wie viele andere Stiftungen, Think Tanks, politische Organisationen oder NGOs solche Foren, zum Bespiel am kommenden Donnerstag hier in Moskau im Sacharow-Zentrum zum Thema „EU Eastern Partnership and Russia“. Wir mühen uns redlich, DiskutantInnen nicht nur aus der EU, der Ukraine und Russland an einen Tisch zu bekommen, sondern vor allem auch aus unterschiedlichen politischen Lagern in den drei Regionen. Die Diskussion wird nicht öffentlich sein, unter der sogenannten Chatham House Rule, damit das Gespräch möglichst offen sein kann und sich die TeilnehmerInnen trauen, Sachen zu sagen, mit denen sie nicht unbedingt jetzt und sofort zitiert werden wollen. Das ist oftmals sinnvoll und guter, längst nicht mehr nur britischer Brauch.
Drei Tage vorher, am Montag, lädt die DGAP (in Gestalt von Alexander Rahr, Direktor des DGAP-Zentrums Russland/Eurasien) gemeinsam mit der Deutschen Bank und dem Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft zu einem ähnlichen Forum, einer, in den Worten der OrganisatorInnen „trialogischen Konferenz“ unter der Überschrift „Russland, Ukraine und die Östliche Partnerschaft der EU“ in ihr Haus im Berliner Tiergarten ein. Auch hier soll unter Chatham House Rule offen geredet werden können, sollen „Politiker aus Russland, der Ukraine sowie Deutschland und der EU“ zusammen gebracht werden, „um die permanenten Irritationen hinsichtlich Energiefragen, der künftigen europäischen Sicherheitsarchitektur und der östlichen Partnerschaftsstrategie zu erörtern“.
Zugang auf Einladung. Also auch dies auf den ersten Blick eine durchaus löbliche Sache. Allerdings nur auf den ersten. Ein zweiter Blick ins Programm zeigt, hier wird der Kreml mit sich selbst diskutieren, garniert mit ein paar wohlmeinden Deutschen.
Fangen wir mit den russischen TeilnehmerInnen an. Da sind zuvorderst fünf stellvertretende Voritzende (Iwan Gratschow, Energieausschuss der Duma; Walerij Jasew, der Duma selbst; ebenso wie Ljubow Sliska; Julij Kwisinskij und Wasilij Lichatschow vom auswärtigen Dumaausschuss). Allesamt stehen sie dem Kreml, wenn man so will, sehr nahe. Und dann ist da noch ein Direktor eines Instituts für Gegenwärtige Internationale Probleme namens Aleksej Puschkow. Seine Nebenfunktion ist im Programm zu erwähnen versäumt worden. Puschkow beschimpft in seiner allwöchentlichen sogenannten „analytischen“ Fernsehsendung mit dem Titel „Postskriptum“ auf das Heftigste alles Westliche, Demokratische von einem zynisch-geopolitischen Standpunkt aus.
Nun könnten ja die geladenen Ukrainer hier einen Kontrapunkt setzen, sollten sie Präsident Juschtschenko nahestehen oder Premierministerin Timoschenko. Das tun sie aber mitnichten. Hier dominiert Anatolij Orel, ein ehemaliger, durchaus charismatischer außenpolitischer Berater von Juschtschenko-Vorgänger Leonid Kutschma. Orel hat sich nach Kutschmas Sturz in der sogenannten Orangenen Revolution nicht zurück gezogen, sondern berät inzwischen Wiktor Janukowitsch, den der Kreml schon bei den vorigen Wahlen zum ukrainischen Präsidenten zu machen versuchte (an diesem Fehlschlag knappst man in Moskau immer noch). Doch Orel ist nicht allein, er hat gleich seine engen Mitarbeiter Leonid Kozhara (im Nebenberuf Rada-Abgeordneter der Janukowitsch-Partei der Regionen) und Elena Gromenizkaja (vormals pressesprecherin von Kutschma) mitgebracht. Auch die anderen Ukrainer gehören zur Partei der Regionen oder stehen ihr nahe.
Bleiben die Deutschen. Neben Vertretern der Veranstalter sind das vor allem drei Bundestagsabgeordnete: Gerd Weißkirchen, außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion und ein guter Russland-Kenner, Eckart von Klaeden, in gleicher Funktion bei CDU/CSU, der vorigen Sommer, wohl im Urlaub, Zeit fand, ein Buch über Russland zu schreiben, und Manfred Grund, ebenfalls von der CDU/CSU. Die große Koalition also. Was wird sie erwarten? Das kommt darauf an, wie gut sie informiert sind und sich von ihren MitarbeiterInnen haben beraten lassen. Im besten Fall bekommen sie einen besseren Eindruck über die Positionen des Kremls, die sich allerdings auch ohne Weiteres bei aufmerksamer Presselektüre bilden ließe. Bleiben die Deutschen. Neben Vertretern der Veranstalter sind das vor allem drei Bundestagsabgeordnete: Gerd Weißkirchen, außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion und ein guter Russland-Kenner, Eckart von Klaeden, in gleicher Funktion bei CDU/CSU, der vorigen Sommer, wohl im Urlaub, Zeit fand, ein Buch über Russland zu schreiben, und Manfred Grund, ebenfalls von der CDU/CSU. Die große Koalition also. Was wird sie erwarten? Das kommt darauf an, wie gut sie informiert sind und sich von ihren MitarbeiterInnen haben beraten lassen. Im besten Fall bekommen sie einen besseren Eindruck über die Positionen des Kremls, die sich allerdings auch ohne Weiteres bei aufmerksamer Presselektüre bilden ließe.
Kann das selbstgesetzte Ziele (noch einmal: „Politiker aus Russland, der Ukraine sowie Deutschland und der EU zusammenzubringen, um die permanenten Irritationen hinsichtlich Energiefragen, der künftigen europäischen Sicherheitsarchitektur und der östlichen Partnerschaftsstrategie zu erörtern“) so erreicht werden? Wohl kaum. Das ganze hat eher den Charakter eine Lobby-Veranstaltung für Kreml-Positionen. Und wohl nicht umsonst snd als Sprecher nur Politiker der Großen Koalition geladen, die, im Gegensatz zu den Grünen und auch der FDP, die gegenwärtige Führung mit (heute: „steinmeierischen“) Samthandschuhen anfassen. Kann das selbstgesetzte Ziele (noch einmal: „Politiker aus Russland, der Ukraine sowie Deutschland und der EU zusammenzubringen, um die permanenten Irritationen hinsichtlich Energiefragen, der künftigen europäischen Sicherheitsarchitektur und der östlichen Partnerschaftsstrategie zu erörtern“) so erreicht werden? Wohl kaum. Das ganze hat eher den Charakter eine Lobby-Veranstaltung für Kreml-Positionen. Und wohl nicht umsonst snd als Sprecher nur Politiker der Großen Koalition geladen, die, im Gegensatz zu den Grünen und auch der FDP, die gegenwärtige Führung mit (heute: „steinmeierischen“) Samthandschuhen anfassen.
Ist ein solcher Trialog des Kremls mit sich selbst in Berlin ein Skandal? Einerseits nicht. Es ist glücklicherweise jedermanns und jederfraus gutes Recht, sich mit wem auch immer hin zu setzen und zu reden. Andererseits aber schon, wenn sich die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik ein „Zentrum Russland/Eurasien“ mit dem Direktor Alexander Rahr finanzieren lässt (u.a. von der Deutschen Bank), der für solche Sachen, wie soll ich es sagen, ein Händchen hat.