Schlagwort: Sowjetunion

  • „Rechtsstaatlichkeit und Menschenwürde“ – in Memoriam Jurij Schmidt

    Vor einem Jahr, am 12. Januar 2013, starb Jurij Schmidt. Er war Anwalt. Während er im Westen vor allem als Verteidiger von Michail Chodorkowskij bekannt war, kannte man ihn in Russland in erster Linie als Menschenrechtsanwalt. Das Wort „Menschenrechtsanwalt“ ist eigentlich eine Tautologie. Aber eine aus der russischen (und früher sowjetischen) Wirklichkeit geborene.

  • Michail Chodorkowskij in Freiheit

    Michail Chodorkowskij ist frei. Er wurde in einer Art geheimdienstlichen Spezialoperation freigelassen und sofort nach Deutschland ausgeflogen. Es sieht alles so auch als ob er keine Wahl hatte. (Fast) Alles, was davor passiert ist, bleibt vorerst Spekulation. Alle, die darüber erzählen (erzählen können), haben eigene Interessen, die Dinge so oder so darzustellen. Das gilt selbstverständlich…

  • Putin, der Sieger

    Neulich beim Petersburger Dialog in Kassel habe ich es zuerst gehört. „Die drei Siege Putins“ sagte ein russischer Teilnehmer der Arbeitsgruppe Politik. Gemeint waren außenpolitische Erfolge: Snowden, Syrien, die Ukraine. Mancher mischte auch den Iran mit rein. Weitere folgten. Gemeint war, dass Russland nun dank Putin endgültig zurück sei auf der ganz großen Bühne der…

  • Warum ist die Ukraine anders als Russland? Fragt sich die russische Opposition

    In der Ukraine protestiert die Opposition. In Russland denkt die Opposition darüber nach, was in der Ukraine anders ist (wie z. B. Nikolay Klimenyuk hier). Warum es einen (aus russischer Sicht!) nur vergleichsweise kleinen Anlass braucht, um Hundertausende auf die Straße zu bringen? Warum sich der Premierminister sofort entschuldigt und der Präsident (fast schon ängstlich) erklärt,…

  • Sotschi im Schnelldurchgang: Prestige, Selbstvergewisserung, Korruption, Wiktor Jerofejew und der Weißmeerkanal

    Die Olympischen Winterspiele in Sotschi beginnen in weniger als einem Vierteljahr, also sehr bald. Und dieser Blog hat sie noch nicht zum Thema gehabt. Wohl ein Versäumnis. Wenn ich so nachdenke, liegt das aber eher daran, dass mir dazu zu viel einfällt als zu wenig. Man könnte über Sotschi und die Korruption schreiben. Über Sotschi…

  • Russische Erinnerung – bisher lieber einfach als kompliziert

    Heute, am 30. Oktober 2013, dem offiziellen Gedenktag für die Opfer politischer Verfolgung, wurde an einem Moskauer Haus eine Gedenkplatte für Warlam Schalamow, dem großen Erzähler des Gulags, enthüllt. Dieses kleine Ereignis ist besonders. Es ist die erste Gedenkplatte in Moskau, die auch daran erinnert, dass der so Geehrte in der Sowjetunion politisch verfolgt wurde.…

  • Inländer, Ausländer und inländische Ausländer – vom schwierigen Zusammenleben in Russland

    Es ist immer wieder das gleiche Muster. Eine oder mehrere „Personen nicht-slawischen“ Aussehens (wahlweise auch „südlichem“, „kaukasischem“ oder   „zentralasiatischem“), wie es weit verbreitet im allgemeinen und auch im offiziellen Sprachgebrauch verschämt rassistisch heißt töten irgendwo in Russland einen „Russen“. Daraufhin fordert eine aufgebrachte Menge „Einheimischer“, es sei nun endlich mit den Fremden genug –…

  • 20 Jahre danach – zum Bürgerkrieg im Herbst 1993 in Moskau

    Der 3. Oktober 1993 war ein sonniger Herbsttag. Selbst über dem üblich-smogigen Moskau war der Himmel blau. Schon kein Altweibersommer mehr, die Temperatur knapp über dem Gefrierpunkt, aber herrlich frische Luft und, weil Sonntag, kein Stau. Ich lebte seit einem halben Jahr hier und hatte am Mittag meinen Vater zu seinem ersten Besuch in Russland…

  • Kleine Irritationen für das Regime oder Erfolge für die Opposition?

    Nach den Regionalwahlen am 8. September in Russland feierten oppositionelle KandidatInnen ein paar durchaus bemerkenswerte Erfolge. Alexej Nawalnyj, Blogger und Vielleicht-bald-Häftling, erreichte beachtliche und von niemandem erwartete 27 Prozent bei den Moskauer Bürgermeisterwahlen. Der Anti-Drogen-Kämpfer Jewgenij Rojsman wurde in der Uralmetropole Jekaterinburg gar Bürgermeister, ebenso wie die Psychologin Galina Schirschina in Petrosawodsk. Auf den ersten…

  • Nawalnyjs Ritterschlag

    „Was für eine Biographie machen sie unserem Rotschopf!“ rief Anna Achmatowa, die große russische Dichterin des 20. Jahrhunderts, aus, als der Noch-lange-nicht-Literaturnobelpreisträger Joseph Brodsky 1964 in Leningrad von einem sowjetischen Gericht zu fünf Jahren Zwangsarbeit verurteilt wurde. Ein Teilnehmer der spontanen Pro-Nawalnyj-Demonstration im Moskauer Stadtzentrum am 18. Juli, dem Tag seiner Verurteilung, seufzte auf Facebook:…