Noch vor zwei Wochen konnte ich an dieser Stelle berichten, dass Memorial auch den zweiten Prozess in erster Instanz gegen die St. Petersburger Staatsanwaltschaft gewonnen habe. Erneut entschied das Gericht, dass die am 4. Dezember beschlagnahmten 12 Computerfestplatten umgehend zurück gegeben werden müssen. Doch die Staatsanwaltschaft gibt nicht auf. Wie nach dem ersten Rückgabebeschluss Ende Januar ist sie auch diesmal wieder in die Berufung gegangen.
Das ist um so verwunderlicher, weil schon seit einigen Wochen verhandlungen zwischen Memorial und der Staatswanwaltschaft über den Modus der Rückgabe laufen. Die Staatsawanwaltschaft hat, natürlich mündlich, angeboten, die Festplatten einfach so, ganz formlos, zurück zu geben. man muss sich das wohl so vorstellen, dass die Vorsitzende von Memorial St. Pertersburg, Irina Flige, zur Staatsanwaltschaft kommt, man ihr dort einen Karton mit den Fetsplatten in die Hände drückt und einen schönen Tag wünscht. Memorial ist damit nicht einverstanden. So die Festplatten schon einmal ganz offiziell beschlagnahmt wurden, möchte man sie auch ganz offiziell zurück bekommen, mit Beschluss, Unterschrift und dem in Russland immer noch unvermeidlichen Stempel und der Versicherung der Staatsanwaltschaft, dass man nun keine Beanstandungen mehr habe. Doch das will der Staatsanwalt nicht. Es ist übrigens inzwischen ein andere als der Durchsucher und Beschlagnahmer vom Dezember.
Warum das so ist, bleibt unklar. Vielleicht geht es der Staatsanwaltschaft darum, das Gesicht zu wahren und die Niederlage nicht allzu sehr eingestehen zu müssen. Vielleicht sind das alles aber auch nur Ablenkungsmanöver im Spiel um die Gunst der und mit den Gerichten. Viele Menschen aus der russischen NGO-Szene zweifeln daran, dass die Festplatten selbst bei Rückgabe Memorial noch etwas nutzen, sei es, weil sie beschädigt wurden, sei es, weil ihr Inhalt gelöscht wurde. Aber Memorial geht es inzwischen auch ums Prinzip – ums rechtsstaatliche nämlich.
Sehr ausführliche Informationen auf Russisch gibt es auf den Webseiten von Memorial und Memorial St. Petersburg, allerdings nur auf Russisch.