Dokumentation: Erklärung von Memorial zum 75. Jahrestag des Hitler-Stalin-Pakts

Zum 75. Jahrestag des Hitler-Stalin-Pakts

Erklärung des Vorstands von Memorial International (Original hier)

Vor 75 Jahren, am 23. August 1939, haben Hitlerdeutschland und die Stalinsche Sowjetunion in Moskau einen Nichtangriffvertrag geschlossen, der ein geheimes Protokoll über die Aufteilung von „Einflussspähren“ in Osteuropa einschloss. Dieser Vertrag, bekannt als „Hitler-Stalin-Pakt“ (Anmerkung des Übersetzers: in Russland es als „Molotow-Ribbentrop-Pakt“ bekannt), hat Hitler die Hände frei gemacht für seine Agressionen in Europa und war das Vorspiel zum 1. September 1939, dem Anfang des Zweiten Weltkriegs.

Unmittelbares Ergebnis des Hitler-Stalin-Pakts war der Einmarsch der Roten Armee in Polen am 17. September 1939, die Annexion der drei unabhängigen baltischen Staaten durch die Sowjetunion, sowie von Bessarabien und der nördlichen Bukowina im Sommer 1940. In allen angeschlossenen Territorien fanden Säuberungen nach sozial-politischen und ethnischen Kriterien statt. Sofort begannen Festnahmen und Massendeportationen der Bevölkerung.

Die Unterzeichnung des Pakts zwischen der UdSSR und Hitlerdeutschland hat die Namen Hitlers und Stalins für immer miteinader verbunden.

Die Vereinbarung der beiden Diktatoren, eine ganze Region unter sich aufzuteilen, war und bleibt ein eklatantes Beispiel einer amoralischen und zynischen Politik, das Symbol eines Verbrechens, das von beiden totalitären Regimen gemeinsam und einzeln begangen wurde. Es ist kein Zufall, dass das Europaparlament 2009 den 23. August zum Tag der Erinnerung an die Opfer totalitärer Regime erhob.

Leider ist auch heute die russische Gesellschaft und mehr noch die russische Staatsmacht nicht bereit, die Ereignisse der Jahre 1939-1941 angemessen zu würdigen.

Viele hochgestellte russische Politiker verteidigen bis heute den sowjetischen Einmarsch in Polen am 17. September 1939, der in Abstimmung und mit vollstöndiger Zustimmung der Hitlerleute vonstatten ging. Und wenn sie es auch nicht, der Stalinpropaganda folgend, einen „Befreiungszug“ nennen, so begründen sie es doch mit „Sorge um Brüdervölker“ oder mit dem „Schutz der Bevölkerung“.

Wenn wir schon so weit sindm, dass ein halboffizieller Politologe das „Sammeln der deutschen Erde“ durch Hitler verteidigt, wie soleln wir da eine Verurteilung von Stalin erwarten, der, aus Sicht von Hurra-Patrioten, russische Erde mit den gleichen Methoden wie Hitler gesammelt hat?

Die heutigen Versuche dieser „Patrioten“, eine Diskussion über die Folgen des Hitler-Stalin-Pakts unter dem Vorwand zu vermeiden, dass damit angeblich das Gedenken an die im Kampf gegen den Faschismus umgekommenen sowjetischen Soldaten, sind abstoßend und jämmerlich. Es ist genau umgekehrt: das Gedenken an die Gefallenen erfordert eine Verurteilung der an der Spitze der UdSSR stehenden Verbrecher, die sich mit Hitler verschworen hatten.

22. August 2014


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