Knapp einen Monat nach Natalja Estemirowa sind mit Sarema Sajdulajewa und ihrem Ehemann Alik Dschabrailow
wieder Menschenrechtler in Tschetschenien ermordet worden. Sarema Sajdulajewa war Leiterin der Organisation „Rettet die Generationen“, die mit Memorial eng zusammen arbeitete. Natalja Estemirowa und Sarema Sajdulajewa kannten sich gut und arbeiteten auch zusammen. Dass sie gefährlich lebte, wusste Sarema Sajdulajewa auch. Ihr Vorgänger Murad Muradow war vor vier Jahren mit vier weiteren Mitarbeitern der Organisation ermordet worden. Frau Sajdulajewa stand nach eigenen Angaben damals auch auf einer „Abschussliste“, wurde aber, wie sie selbst erzählte, durch den Einsatz von Natajla Estemirowa gerettet. Nun ist auch sie tot.
Vor einem Vierteljahr nannte ich in diesem Blog die angebliche Ruhe in Tschetschenien, die angebliche Befriedung der kleinen Republik durch Ramsan Kadyrow und seine Schergen eine „Schlachthofsruhe“. Keine Friedhofsruhe. Auf dem Friedhof sind alle ruhig, weil sie schon tot sind. Wer hingegen schon einmal in einem Schlachthof war, wird das Todesgeschrei der Tiere dort nicht mehr vergessen. Doch als ich das schrieb, habe ich an viele sogenannte „normale“ Menschen in Tschetschenien gedacht. Menschen, die einfach nur in Ruhe leben wollen, keinerlei politische Ansprüche stellen und trotzdem ständig in wohlbegründeter Todesangst sind. Ich habe nicht an die Menschenrechtler gedacht, von denen ich viele persönlich kenne. Ich hielt sie für sicher, der Öffentlichkeit wegen und, wie ich (und nicht nur ich) annahm, weil der Kreml sich ihre Ermordung politisch nicht leisten wollen würde.
Ich habe mich geirrt. Und trotzdem habe ich gleichzeitig, wie einige andere Berichterstatter über Tschetschenien auch, vielleicht ein wenig Recht gehabt. Vielleicht will es sich der Kreml gar nicht leisten. Vielleicht ist er längst machtlos Kadyrow gegenüber. Welche Alternative gäbe es denn? Absetzen kann man ihn nicht, denn (fast) alle Bewaffneten in Tschetschenien hören inzwischen freiwillig oder unfreiwillig auf sein Kommando. In umzubringen (lassen) ginge wohl schon, aber wohl nur um den Preis eines neuen Kriegs. Das wäre ein politischer Offenbahrungseid für die russische Führung und brächte weiteres, neues Leid über die Menschen im Nordkaukasus. Doch wenn es so weiter geht wie bisher, wird es auch immer öffensichtlicher, dass die sogenannte Befriedung Tschetscheniens, in der Kremlpropaganda einer der wichtigsten politischen „Erfolge“, gescheitert ist. Auch das ein Offenbahrungseid, aber einer, den um den man sich leider noch länger wird drücken können.
Was können wir tun, außer immer wieder darauf hinzuweisen und unsere russischen FreundInnen und KollegInnen politisch zu unterstützen? Leider sehr wenig. Man kann ein bisschen ganz praktisch helfen. Memorial hat für Lana, die fünfzehnjährige Tochter von Natalja Estemirowa zwei Unterstützungkonten eingerichtet. Das eine, russische, lautet auf den Namen ihrer Tante, der Schwester von Natalja Estemirowa. Dort werden Rubel für den aktuellen Lebensunterhalt von Lana Estemirowa gesammelt. Das zweite Konto wurde in Frankreich eröffnet und wird von Internationalen Föderation zur Verteidigung der Menschenrechte in Paris verwaltet. Das dort gesammelte Geld soll für die universitäre Ausbildung von Lana Estemirowa verwandt werden.
Kontodaten des Rubelkontos:
Банк: ОАО „УБРиР“ г.Екатеринбург
к/с 30101810900000000795
БИК 046577795 ИНН 6608008004
Получатель: р/с 40817810315010000002 ОАО „УБРиР“
Назначение платежа: 40817810887000149278
Эстемирова Светлана Хусаиновна
Esveta100@mail.ru
Kontodaten des Eurokontos:
PLEASE REMIT PROCEEDS TO : „FIDH ¬ LANA“
BANK DETAILS: FORTIS BANQUE
23, RUE HENRI BARBUSSE
F92000 NANTERRE – France
SWIFT: BPARFRPP
BANK CODE: 30488
BRANCH CODE: 00001
ACCOUNT NUMBER: 00040101409
ID NUMBER: 54
IBAN: : FR76 3048 8000 0100 0401 0140 954
ASSOCIATION RECONNUE D'UTILITE PUBLIQUE
17, PASSAGE DE LA MAIN¬D'OR, 75011 PARIS, FRANCE, TEL.:+33(0)1 43 55 25 18, FAX:+33(0)1 43 55 18 80
fidh@fidh.org www.fidh.org NーSIREN 352 390 082 ¬CODE APE 913E