Russland und Microsoft

Gestern verkündete Microsoft-Chef Steven Balmer in Moskau, der vielgehasste Sofwaregigant werde in den kommenden Jahren mehr als 300 Millionen US-Dollar in Russland investieren. Vor allem Studenten und Star-Up-Unternehmen sollen mit kostenlosen Serviceangeboten gefördert und wohl auch an Microsoft gewöhnt werden.  Auch in Russland kommen Computernormalnutzer, trotz eines großen Heeres pfiffiger und erfinderischer Computerfreaks kaum an der „Krake aus Seattle“ vorbei. Wie fast überall, gilt das aktuelle Windows-Betriebssystem Vista als besonders Übel: Aufgeblasen, unausgegoren, unnütz und unübersichtlich. Aber Apple kann sich kaum jemand leisten und Linux fordert zuviel intime Computerkenntnisse. So weit, so normal.

Eine ganz besondere Parallele zwischen Microsoft und Russland ist aber bisher kaum aufgefallen. Dabei ist es doch ganz offensichtlich: Russland und Demokratie, das ist wie Computer und Vista. Man muss sich das so vorstellen: Russland ist zwar nicht das frischeste Land, die russische Verfassung hat ein paar Schwachstellen. Aber im Großen und Ganzen stimmt diese Hardware. Es gibt da ein Parlament, freie Presse, ein unabhängiges Gerichtswesen, Wahlen und jede Menge überaus demokratisch-traditioneller Rechte für die Menschen im Land. Das „Eisen“, wie das auf russisch so schön heißt, steht also. Vielleicht nicht der neueste und schnellste Prozessor und auch die Videokarte könnte vielseitiger sein, aber immerhin. Fehlt noch die Software. Auch die gibt es, viele gute Menschen, die gut und auch irgendwie demokratisch leben wollen. Doch da gibt es ein Problem: Das Betriebssystem, die Regierung, die politische Elite, der Staat mit seinen Beamten. Wie Vista braucht es soviel Speicherplatz, dass der arme Computer immerfort nur mit sich selbst beschäftigt ist – für die eigentlichen Programme, die Nützliches bewirken könnten fehlt der Platz. Und so bleibt der Eindruck, dass nicht das Betriebssystem dafür gemacht ist, den Computer zum Laufen zu bringen und als Basis für Sinnvolles zu nutzen, sondern umgekehrt sich das Betriebssystem das alte Eisen unter den Nagel gerissen hat, dort seine Pirouetten aufführt und allerlei anderen vielleicht manhcmal schönen und untehaltsamen, aber wenig zukunftsweisenden Unsinn aufführt. Für das Leben, also all die praktischen Programme, die dabei helfen sollen, bleibt einfach kein Platz. Wann drückt endlich hier jemand den Restart-Button?


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